Gelesen in der UZ vom 16. März 2012

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Eine Armee läuft Amok


Massaker in der afghanischen Provinz Kandahar

Mindestens 60 Prozent der US-Bevölkerung sind der Meinung, der Krieg am Hindukusch sei nicht wert weiter geführt zu werden. Nach dem Tod Osama Bin Ladens sehen sie keine ausreichende Begründung mehr für die Fortführung eines Krieges, der ihnen zu blutig und zu teuer erscheint. Nach humanitären Gründen für die Forderung nach Beendigung des Krieges hatten die Meinungsforscher der "Washington Post" nicht gefragt.

 

Die Veröffentlichung der Umfrage erfolgte einen Tag vor dem Amoklauf eines Unteroffiziers der Marines am vergangenen Sonntag in zwei Orten der Provinz Kandahar. 16 Menschen, neun Kinder darunter, fielen seinen Schüssen zum Opfer. "Verabscheuungswürdig", grauenhaft und "tragisch" nannten US-Präsident Obama und seine Außenministerin Clinton die Bluttat. Aber diese Worte treffen nicht nur auf die Tat vom Sonntag zu. Über hunderttausend Menschen in Afghanistan sind in den vergangenen 11 Jahren der Besetzung zum Opfer gefallen: von Bomben zerrissen, verbrannt, erschossen, zu Tode gefoltert.

 

Das Massaker, das der 38-jährige Soldat angerichtet hat - inzwischen gibt es ernste Zweifel, ob es sich wirklich um einen Einzeltäter handelt -, geschah in einer Zeit, in der die Unruhen nach der angeblich unabsichtlichen Koranverbrennung vor einigen Wochen noch nicht abgeklungen war. Während der landesweiten Proteste gegen die Schändung der heiligen Schrift des Islam wurden, von den Medien kaum erwähnt, mindestens 30 Afghanen von US-Soldaten getötet. Vier Soldaten aus der Einheit des Täters wurden schon wegen Mordes verurteilt. Sie hatten 2010 drei afghanische Zivilisten erschossen, ihnen als Trophäen die Zähne ausgeschlagen und die Finger als Trophäen abgeschnitten. Der Täter selbst wird beschrieben als ein Scharfschütze, der schon drei Einsätze im Irak hinter sich und dabei schwere Kopfverletzungen erlitten habe.

 

Zu hoffen ist, dass der Vorfall den Druck zum Abzug der ISAF-Truppen noch vor dem angepeilten Datum im Jahr 2014 weiter erhöhen wird. Das ist jetzt schon elf Jahre zu spät für die afghanischen Opfer, bei denen sich niemand um genaue Zählung bemüht, für die 2 000 toten US- und die 52 deutschen Soldaten. Zu spät für die Überlebenden, die durch diesen Krieg für ihr Leben körperlich und psychisch gezeichnet sein werden. Zu spät für die nach Millionen zählenden Opfer des "Kriegs gegen den Terror", für den der Überfall auf Afghanistan der Auftakt war: die Folteropfer von Guantánamo, die Opfer von Krieg und Besatzung im Irak, die Toten der Drohnenattacken in Pakistan, im Nahen Osten und in Nordafrika.

 

Bernd Redlich

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